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Erneuter besuch von Prof. Antes in der GOS

Auf die Perspektive kommt es an: Von den Sichtweisen der Welt und der Weltsicht der Sprachen

Zum fünften Mal seit Bestehen der Gemeinsamen Oberstufe lud Fachlehrerin Ulla Meyer den bekannten Religionswissenschaftler Prof. Dr. Dr. Peter Antes in Zusammenarbeit mit Kursleiterin Nabila El-Sayed Werte- und Normen-Kurs JG 11 der GOS (gemeinsame Oberstufe) ein – dieses Jahr coronabedingt im bewusst kleinen Kreis. Im Vorfeld hatten die Schüler*Innen Fragen formuliert, die Frau Meyer ihrem ehemaligen Professor zur Vorbereitung zur Verfügung stellte, um schülerorientiert das aufzugreifen, was Schüler*Innen von heute bewegt.

Die Welt vom Süden aus gesehen

Zum großen Erstaunen der Kursteilnehmer begann Professor Antes seinen Vortrag mit unterschiedlichen Weltkarten, die – je nach Kontinent – unterschiedliche Sichtweisen der Welt boten: So erkannten die Schüler auf der neuseeländischen Weltkarte, dass Europa sich kopfüber rechts unten und unscheinbar am Rand befindet, während es äußerst nordwestlich positioniert auf der indonesischen Weltkarte platziert ist, wodurch China zwischen Afrika, dem südlichen Australien und dem östlichen Nord- und Südamerika als „Reich der Mitte“ erscheint. Der Blick auf unsere gewohnte Weltkarte mit Europa oben und in der Mitte und den ferneren Kontinenten Asien und Australien schien plötzlich keineswegs mehr selbstverständlich oder für alle auf der Welt gültig: Die jeweiligen Perspektiven sind – im wahrsten Sinne des Wortes – Welt-Anschauungen, die die Elftklässler, die sich auf die ungewohnte Wahrnehmung des Fremden eingelassen haben, sehr überrascht haben, Fazit: Jeder sieht sich im Zentrum und entsprechend die Welt.

In ähnlicher Weise vermitteln auch die unterschiedlichen Sprachen ganz bestimmte Welt-Anschauungen, fuhr Professor Antes in seinem spannenden Vortrag fort. Beispielsweise beinhaltet der deutsche Begriff: „Himmel“ sowohl die religiöse als auch die kosmologische Dimension, während es im Englischen für die beiden Dimensionen unterschiedliche Begriffe gäbe: „heaven“ für den religiösen Himmel und „sky“ oder „clouds“ für den sichtbaren Himmel. Weitere Schülerfragen bezogen sich auf Themenbereiche wie Religion und Politik, Kriege, das Verhältnis der Weltreligionen zueinander und die Theodizeefrage.

Auf die Schülerfrage nach dem beruflichen Werdegang erfuhr der WN-Kurs, dass das ursprüngliche Berufsziel von Prof. Antes, Priester zu werden, nicht umgesetzt wurde, weil ihn die unterschiedlichen monotheistischen und polytheistischen Religionen weltweit faszinierten: So studierte er die Religionen in ihrer gelebten Form in den jeweiligen Ländern, lernte neben Hebräisch und Altgriechisch auch Arabisch, Sanskrit und Chinesisch sowie zahlreiche andere Sprachen, um die Religionen und deren Antworten auf die Frage nach dem Sinn des Lebens und nach Gott, Göttern oder dem Heiligen weltweit zu erforschen. 1973 wurde er mit 30 Jahren als jüngster Professor auf den Lehrstuhl für Religionswissenschaft nach Hannover berufen und hat nicht nur Religionswissenschaftler, sondern auch WN-Lehrer ausgebildet, zudem hat er in verschiedenen europäischen Ländern wie weltweit im Rahnen wissenschaftlicher Kongresse nachhaltig gewirkt.

Auf die Frage, nach der eigenen Religiosität und ob es einen Gott gäbe oder alles Zufall sei, erfuhren die Schüler*Innen, dass vieles noch nicht erforscht sei und zahlreiche Fragen offen blieben. Aber wie es beim Anblick des kunstvollen Rathauses von Hannover für Prof. Antes absurd sei zu sagen, dass das Rathaus durch Zufall entstanden sei, so sei es für ihn unglaubwürdig zu denken, das Universum sei mit all seinen genau berechenbaren Gesetzmäßigkeiten ein reines Zufallsprodukt. Nicht auszuschließen ist, dass es weitere Gesetzmäßigkeiten gibt und bislang unbekannte Phänomene in Zukunft entdeckt werden. Ein Blick auf die letzten zweihundert Jahren zeigt, dass sich die Welt so rasant verändert hat, dass heute Dinge für uns alltäglich geworden sind, von denen man zu Goethes Zeiten noch einmal zu träumen wagte.

Natürlich wollten die Schüler*Innen auch Tipps für ihre Berufswahl bekommen und fragten nach Entscheidungshilfen für ihren Werdegang. So wollte Sara B. aus der 11b wissen, welche Zielsetzung man im Studium und im Beruf anstreben sollte. Prof. Antes sagte, es sei wichtig, die Wahl mit persönlichen Visionen von einem Idealbild des Berufes zu verbinden und gezielt durch Ferienjobs darauf hinzuarbeiten und Netzwerke zu bilden, aber gegebenenfalls auch bereit zu sein, umzupolen. Sehr wichtig dabei ist, sich auf fremdes Denken einzulassen: Kommunikation in einer Weltsprache ist dabei die Plattform zur Verständigung und zur Teilhabe an unterschiedlichen Weltsichten und Sichtweisen in Toleranz und Akzeptanz auf unserem immer stärker vernetzten Planeten.

Prof. Dr. Dr. Peter Antes, Lehrerin Ulla Meyer und die Kursteilnehmer

Mit lang anhaltendem Klopfen dankten die WN-Schüler*Innen der Gemeinsamen Oberstufe Herrn Professor Dr. Dr. Antes für seinen gelungenen Vortrag. Auf seinen Besuch an der GOS im nächsten Schuljahr freuen wir uns schon heute!

Ulla Meyer

Hier weitere Informationen zur Personvon Prof. Antes

Und hier ein interessanter Vortrag zum Verhältnis Bibel und Koran: Teil 1 Teil 2