Forschungsprojekt zum Bienensterben
Bücherskorpione als Verroabekämpfer – ein Forschungsprojekt im Rahmen unseres Schulmottos:
„Forschen macht Schule“
Jährlich sterben tausende von Völkern an diesem Parasiten, weil unsere Bienen keine Chance hatten, sich an diese Bedrohung anpassen zu können – solche Anpassungsprozesse dauern sehr lange.
Vom Bienensterben war unsere Schülerimkerei im Jahr 2012 betroffen, von da an haben wir versucht über die medikamentöse und chemische Behandlungsmethode hinaus, alternative und nachhaltige Lösungen zu finden.
Unser ehemaliger Schüler Johannes Leng, der nach seiner Schulzeit bei uns, der Schülerfirma treu geblieben ist, konfrontierte uns mit der Idee, Bücherskorpione als Varroabekämpfer einzusetzen.
Für uns stellte sich die Frage: „Was bitte sind Bücherskorpione und was haben sie mit Bienenvölkern zu tun?“
Die Antworten darauf erhielten wir bei unserem Besuch der Otto-Hahn-Schule in Hamburg, an der Torben Schiffer in seinem Schülerlabor an der Fragestellung forscht, ob Bücherskorpione als Varroabekämpfer eingesetzt werden könnten.
Seine Ergebnisse sind sehr positiv, was bislang fehlt, sind Freilandversuche, die wir ab Mai 2016 durchführen werden.
Von Herrn Schiffer erhielten wir auch Auskunft darüber, welche Rolle Bücherskorpione in Bienenvölkern eigentlich spielen können.
In der Veröffentlichung von Dr. Max Beier, Kustos am Naturhistorischen Museum in Wien, in der Zeitschrift: Österreichischer Imker, Jg.1, von 1901 zum Thema: „Der Bücherskorpion, ein willkommener Gast der Bienenvölker“ ist zu lesen:
„ Unter zahlreichen mehr oder weniger willkommenen, meist sogar unerwünschten Gästen des Bienstockes, führt der Bücherskorpion oder Chelifer cancroides, ein sehr bescheidenes wenig beachtetes Dasein. Das kommt daher, dass der kaum 3mm große, achtbeinige, zu den Spinnentieren gehörige Scherenträger, seinen ovalen, niedergedrückten Körper leicht in die feinsten Ritzen und Spalten der Holzbauten bergen kann und dies als lichtscheuer Geselle auch bei jeder Gelegenheit gerne tut.
So bekommt ihn der Imker nur selten zu sehen, obwohl sicherlich fast jedes Bienenhaus mehrere dieser Tiere beherbergt. Denn der Bücherskorpion ist fast weltweit verbreitet und liebt trockene und warme Örtlichkeiten, besonders in den rauheren Gegenden menschliche Behausungen, Ställe, Scheunen und eben auch Bienenstöcke, wo er vor den Unbilden der Witterung geschützt ist. Als Begleiter des Menschen hat er auf diese Weise ziemlich weit nach Norden vordringen können, in Klimate also, die ihm das Leben im Freien sicher nicht mehr gestatten würden.
Hier ist er vielfach ein nützlicher Mitbewohner, da er als Räuber nicht nur auf die kleinen Staubläuse in unseren Büchereien – daher auch sein Name – sondern auch auf die lästigen Bettwanzen Jagd macht und sogar schon auf verlausten Kinderköpfen angetroffen wurde, wo er sicherlich ebenfalls dem beißenden Krabbelzeug nachstellte.
Und aus demselben Grunde sollte der Bücherskorpion auch dem Imker willkommen sein. Denn auch im Bienenstock macht er sich durch das Vertilgen von Milben, Staubläusen und Bienenläusen, die er sogar von den Bienen selbst abzulesen scheint, sowie anderen mehr oder weniger lästigen Eindringlingen, vor allem aber durch seine Jagd auf die Raupen der gefürchteten Wachsmotte nützlich.“
Leider sind diese Erkenntnisse unserer Vorfahren im Laufe der Zeit verloren gegangen. Jahrzehntelang war das eigentlich kein großes Problem, da die Imker mit Körben gearbeitet haben, die Bücherskorpione dort gut leben und ihre Rolle als Milbenvertilger weiter spielen konnten.
Die Einführung der Steropurbeuten setzte diesem eingespielten Miniökosystem ein Ende. Unsere Honigbienen kamen mit den neuen Beuten zurecht, die Bücherskorpione nicht. Folge davon war, dass in unseren Bienenvölkern keine Bücherskorpione mehr vorhanden waren.
Erst wir Menschen erzeugten ein neues Problem, indem wir indische Bienen zu Zuchtzwecken nach Europa importierten. Mit diesen Bienen kamen auch die Varroamilben zu uns. Sie hatten in unseren Bienenvölkern keine natürlichen Feinde und konnten sich ungebremst vermehren. Unsere Reaktion auf die Invasion waren Medikamente, wie Perizin und organische Säuren, wie Ameisensäure und Oxalsäure. Unglücklich daran ist, dass die Varroamilben sich besser an diese chemische Behandlung anpassen können als unsere Honigbienen.
Guter Rat ist teuer, deshalb haben wir uns an die Robert-Bosch-Stiftung gewandt, um das Forscherprojekt: „Bücherskorpione als Varroabekämpfer“ in Kooperation mit der Leibniz-Universität-Hannover, dem LAVES-Bieneninstitut in Celle und der Otto-Hahn-Schule in Hamburg durchführen zu können.
40.000,00 € hat die Stiftung für dieses Projekt bewilligt und wir werden diese Mittel gut einsetzen.
Dazu werden wir, die Schülerfirma „Imkerei der IGS List“ 39 Bienenvölker an 13 verschiedenen Standorten in der Region Hannover in „Triplets“ aufstellen und wissenschaftlich untersuchen, ob uns die Bücherskorpione aus der Krise helfen können.
Wie das in der Praxis aussieht, konnten die Besucher der Eröffnungsveranstaltung zum Projektstart am 22.04.2016 in der Pausenhalle der IGS List beim „Markt der Möglichkeiten“ genauer betrachten, die Schüler unserer Forscherklassen 7f und 5f, sowie die Mitglieder der Imkerei-AG, der Schulgarten-AG und der Schülerfirma „Imkerei der IGS List“ hatten dazu Stände vorbereitet.
Wissenschaftlich begleitet wird unser Projekt von Herrn Prof. Dr. Bernd Huchzermeyer von der Leibniz-Universität- Hannover, dem LAVES-Bieneninstitut in Celle, vertreten durch Frau Janke und Herrn Schiffer von der Otto-Hahn-Schule in Hamburg.
Bei einem Besuch in Hamburg wurde am 26.02.2016 der Kontakt zur Otto-Hahn-Schule hergestellt und eine Delegation unserer Schule ließ sich von Herrn Schiffer in die Forschungsarbeiten und die Zuchtgrundlagen für Bücherskorpione einweisen.
Durch den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft, aber auch durch Varroamilben hat der Druck auf die Bienenvölker in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen. Die Anwendung von organischen Säuren gegen Varroa-Milben erhöht den Druck auf die Bienen. Ein Projekt der Schülerfirma Imkerei versuchte in den Jahren 2016 bis 2018, Bücherskorpione (Chelifer-Cancroides) als Nützlinge als Varroa-Kontrollmittel einzusetzen und sammelte Daten über die Anzahl der gefallenen Varroa-Milben während 8 Monaten im Jahr 2017. Es wurden Bienenvölker in mit Bücherskorpionen ausgestatteten Holzbeuten mit Kontrollvölker in Holzbeuten und in Styroporbeuten in 13 Prüfständen rund um die Stadt Langenhagen aufgestellt und regelmäßiog kontrolliert. Die Anzahl der gefallenen Varroa-Milben in den Holzbeuten mit Bücherskorpionen war signifikant geringer als in den Holzbeuten ohne Bücherskorpione.
Der Forschungsbericht „Bücherskorpione als Varroabekämpfer“wurde im April 2018 veröffentlicht. Allein auf der Publikationsplattform Researchgate fand er über 2.000 Interessenten und wurde über 600 mal heruntergeladen.
In dem US-amerikanischen Bienenzüchter Magazin „Bee Culture“ wurde eine überarbeitete Kurzfassung „Chelifers or Pseudoscorpions as Varroa Control Agents“ im September 2018 publiziert. Hier fanden sich auf Researchgate bisher 350 Interessenten und es erfolgten 100 Textdownloads.